Piatnik – seit 201 Jahren im Spiel!
Juni 10, 2025|LD
Ein Familienunternehmen über sechs Generationen und mehr als zwei Jahrhunderte hinweg erfolgreich zu führen, ist eine besondere Leistung. Seit seiner Gründung im Jahr 1824 produziert der Spielehersteller Piatnik seine Produkte in Wien und hat sich zu einem der bekanntesten Namen der Branche entwickelt.
Was 1824 als Spielkartenmalerei begann, ist heute ein 200.000 Quadratmeter großes Werk mit rund 100 Mitarbeitern. CEO Dietmar Strehl blickt auf die Entwicklung zurück: „Es gab viele ungünstige Umstände – Kriege, Inflation und was weiß ich noch alles! Meine Vorfahren haben das Schiff durch all diese Stürme gesteuert.“
Heute ist Piatnik ein Begriff in jedem Haushalt, Österreichs größter Spielehersteller mit Tochtergesellschaften in Deutschland, Tschechien, Ungarn und den USA und verkauft seine Produkte in 72 weiteren Ländern. Die Kernbereiche des Unternehmens – Spielkarten, Brettspiele und Puzzles – bringen weltweit Generationen an den Spieltisch. In der Zentrale im 14. Wiener Gemeindebezirk laufen täglich 10.000 Spiele vom Band. Der Bestseller „Activity“ wurde seit seiner Markteinführung im Jahr 1990 über 12 Millionen Mal verkauft. Zwar machen heute Brettspiele den größten Teil des Umsatzes aus, doch der Erfolg des Unternehmens begann mit Spielkarten.
Karten richtig spielen erfordert Innovation
Bereits im 19. Jahrhundert war Wien ein Zentrum der Spielkartenproduktion. Was die Stadt besonders auszeichnete, war die Qualität der Karten. Ferdinand Piatnik, der dem Unternehmen seinen Namen gab, übernahm 1843 den Betrieb im 7. Bezirk. Durch unternehmerisches Geschick, Innovationen und strategische Zukäufe überholte er bald seine rund 200 lokalen Konkurrenten.
Aber wichtigen Geschäftsentscheidungen führten zum Erfolg des Unternehmens?
„Nun, die erste wichtige Entscheidung war, dass sich Ferdinand Piatnik entschied, Spielkartenhersteller zu werden. Nicht alle Produkte überleben 200 Jahre – hätte er sich für etwas anderes, wie zum Beispiel die Arbeit mit Pferden oder die Herstellung von Sätteln, entschieden, wäre es komplizierter geworden!”
Ein wichtiger Durchbruch verschaffte Piatnik schließlich einen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern und revolutionierte den Markt: Er perfektionierte die Beschichtung der Karten. Durch die Lackierung wurden die Karten haltbarer, weniger schmutzanfällig und abwischbar.
Spielkarten als Kulturgut
Spielkarten tauchten vor etwa 650 Jahren in Europa auf und wurden sofort populär. Im 19. Jahrhundert erlebten sie einen regelrechten Boom – quer durch alle sozialen Schichten. Sie förderten den sozialen Zusammenhalt, waren für alle zugänglich und wurden zu einer wichtigen Freizeitgestaltung.
Die Nachfrage überstieg schließlich die Kapazitäten des ursprünglichen Firmensitzes von Piatnik im 7. Wiener Gemeindebezirk. Da in Wien der Platz knapp war, baute das Unternehmen in die Höhe und erweiterte sein Gebäude um vier Stockwerke, um den wachsenden Betrieb unterzubringen.
Bald war Piatnik nicht nur ein Markenname, sondern Teil der Alltagskultur: „Heiliger Piatnik, steh mir bei!“ wurde zum geflügelten Wort bei spannenden Kartenspielen.


Die Einsätze werden erhöht
Der Erfolg von Piatnik im 19. Jahrhundert war unter anderem auf politische und soziale Instabilität zurückzuführen, die dazu führte, dass die Menschen mehr Zeit zu Hause verbrachten. In ähnlicher Weise läutete die Coronavirus-Pandemie einen weiteren Boom für das Unternehmen ein, da Millionen von Familien zu Hause festsaßen.
„Ich träume von einem weiteren Lockdown!“, scherzt Dieter Strehl und spielt damit auf die steigende Nachfrage nach Spielen an, insbesondere von Erwachsenen, die mehr Freizeit haben als je zuvor.
Das Unternehmen expandierte während der Habsburgerzeit rasch und verfügte über Fabriken in Budapest, Krakau und Prag sowie eine Papierfabrik in Slowenien.
1891 wurde die Produktion an den heutigen Standort in Penzing verlegt, wo das Unternehmen dank einer Produktionsfläche von 200.000 Quadratmetern sein Angebot erweitern konnte. 1956 kamen Brettspiele auf den Markt, 1966 vervollständigten Puzzles das Angebot. Obwohl nach wie vor Spielkarten hergestellt werden (allein im letzten Jahr rund 25 Millionen), machen Brettspiele mittlerweile den größten Teil des Umsatzes aus.
Der Brettspielmarkt ist in den letzten 30 bis 40 Jahren explodiert, vor allem weil Brettspiele nicht mehr nur etwas für Kinder sind, sondern auch für Erwachsene, oder „Kidults“, wie Herr Strehl sie nennt.
Mit den Trends Schritt halten
Das Geschäft ist ein Glücksspiel. Jedes Jahr erhält Piatnik 1.000 neue Ideen von Spielbegeisterten. Ein vierköpfiges Redaktionsteam prüft und testet sie – rund 20 neue Spiele schaffen es pro Jahr zur Veröffentlichung.
„Es ist ein risikoreiches Geschäft“, so Strehl. „Nach 40 Jahren Erfahrung bin ich sehr bescheiden geworden. Man kann nie mit Sicherheit sagen, was funktioniert.“ Ideen, die er für sichere Gewinner hielt, erwiesen sich als Flops und abgelehnte Konzepte wurden bei anderen Verlagen zu großen Erfolgen.
Dennoch kann das Unternehmen fünf Spiele vorweisen, die sich jeweils über eine Million Mal verkauft haben. Das ist eine wichtige finanzielle Grundlage, die kreative Experimente ermöglicht. Überraschend ist die anhaltende Beliebtheit von Quizspielen, von denen Strehl dachte, dass sie im Zeitalter des Internets verschwinden würden. „Ich dachte, Quizspiele würden komplett verschwinden, weil jeder die Antwort googeln kann, aber das Gegenteil ist der Fall ...“ Tatsächlich wurde das Piatnik-Spiel „Smart 10” zur Grundlage für eine beliebte Quizshow im österreichischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen ORF.
Gleichzeitig werden auch einfachere Spiele für Schüler immer beliebter. Strehl hat eine Theorie, warum das so ist. „Aber es macht Spaß, bringt Menschen zusammen und sorgt für Freude. Der Bildschirm lacht selten.“


Es ist Zeit, die Karten neu zu mischen – nachhaltig
Trotz – oder vielleicht gerade wegen – seiner langen Geschichte muss das Familienunternehmen Piatnik in der 6. Generation in die Zukunft blicken, um sicherzustellen, dass es auch in den nächsten 201 Jahren Spiele für Menschen anbieten kann.
Deshalb legt das Unternehmen besonderen Wert auf Nachhaltigkeit. Es verwendet FSC-zertifizierte und überwiegend europäische Rohstoffe, 100-prozentigen Ökostrom und ist Teil der Initiative „Ökoprofit“, um Abfall und Emissionen zu reduzieren.
Obwohl Kunststoff in vielen Spielen nach wie vor ein notwendiger Bestandteil ist, bemüht sich Piatnik, dessen Verwendung zu minimieren. Spiele sind langlebig und werden oft über Generationen weitergegeben. Das steht im Einklang mit umweltfreundlichen Werten.
Der Standort Wien bietet ebenfalls ökologische Vorteile: Drei Viertel der Belegschaft kommen mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß zur Arbeit – kurze Wege, geringe Emissionen.
„Wir belasten die Umwelt nicht, wir sind nicht sehr laut, wir stellen etwas her, das den Menschen Freude und Unterhaltung bringt“, bemerkt Strehl.


Wien – das Herz von Piatnik
Das Stammhaus von Piatnik im grünen 14. Bezirk wirkt von außen unscheinbar. Das im Jahr 1911 erbaute Gebäude fügt sich harmonisch in die umliegende Architektur ein. In den Büros sind das leise Summen und die Geräusche der schweren Maschinen in den oberen Stockwerken kaum zu hören. Dank der Stahlbetonkonstruktion kann jedoch jede Etage bis zu beeindruckende 2.000 Kilogramm pro Quadratmeter tragen.
„In der Stadt zu produzieren, hat viele Vorteile. Wir sind abhängig von Spieleautoren, Juristen, Designern und so weiter. In Wien ist es einfach, kompetente Leute zu finden“, betont Strehl. Die geografische Lage ist optimal, insbesondere für den deutschsprachigen Raum und Osteuropa. Auch die Nähe zum Markt ist entscheidend, um beispielsweise schnell auf Trends und saisonale Nachfragen zu reagieren.
Für Piatnik überwiegen die Vorteile des Standorts eindeutig. Auch in Zukunft werden die starken Wurzeln von Piatnik in Wien für das Wachstum des Unternehmens von entscheidender Bedeutung sein. Die Unterstützung durch Partner wie die Wirtschaftsagentur Wien hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich das Unternehmen anpassen und weiterentwickeln konnte.
„Die Wirtschaftsagentur Wien war in jeder Phase ein kompetenter Partner, sei es bei neuen Maschinen, Energiefragen oder Gebäudesanierung. Immer schnell, lösungsorientiert und freundlich.“
Mit dieser Unterstützung ist Piatnik bestens gerüstet für die nächsten 200 Jahre – ganz im Zeichen des Spiels.
Piatnik